Das war ein starkes Stück. Donald Trump hat seine Inaugurationsrede genutzt, um dem Rest der Welt zu sagen, dass sein Amerika sich einen Dreck darum kümmert, was in anderen Ländern und mit der Welt als Ganzes geschieht. „Splendid Isolation“ nannte man früher, heute muss man eher „rutscht mir den Buckel runter“ dazu sagen. Genau bis nach Panama reicht die außenpolitische Perspektive des neuen amerikanischen Präsidenten, alle anderen Länder der Welt werden mit Zöllen so in die Schranken gewiesen, dass sie dem „großen Amerika“ Donald Trumps einfach nicht mehr in die Quere kommen.
Man muss diese Rede historisch nennen, weil sie exakt das Ende dessen besiegelt, was Naivlinge bei uns immer noch als „regelbasierte Ordnung“ ansehen. Diese Ordnung war nie wirklich regelbasiert, sondern immer machtbasiert, aber jetzt ist der Punkt erreicht, wo die Macht der USA von vorneherein jeden Versuch sinnlos und lächerlich macht, sich auf eine globale Regel oder Vereinbarung zu berufen.
Das hat enorme Konsequenzen. Die größte betrifft die Klimafrage. Auch wenn schon bisher der bei uns weit verbreitete Glaube, man könne mit nationaler oder europäischer Politik der Welt ein Vorbild sein, auf mehr als wackeligen Beinen stand, nun ist diesem Glauben endgültig das Standbein weggeschlagen. Wenn der amerikanische Präsident explizit sagt, dass er alle fossilen Brennstoffe, die in den USA gefunden werden, nutzen wird, dann ist das ein klares Signal an alle anderen Länder, die Öl, Kohle und Gas besitzen, keine Sekunde mehr über irgendeine globale Restriktion für ihre Förderung nachzudenken.
Jeder Versuch, in den nächsten vier Jahren, über eine solche Restriktion auch nur zu verhandeln, ist zum Scheitern verurteilt. Man kann sich jetzt in den „ambitionierten Ländern“ auf den Kopf stellen, aber es geschieht einfach nichts. Der Kampf gegen den Klimawandel ist verloren.
Nicht zu unterschätzen sind auch die Auswirkungen des Trumpschen Isolationismus auf die wirtschaftliche Lage der Welt. Dabei geht es nicht nur um die unmittelbaren Auswirkungen seiner Zölle. Trump hat in solcher Klarheit jeder weltweiten Kooperation abgeschworen, dass man sich viele liebgeworden Formate der internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit abschminken kann. Weder die G 7 noch die G 20 spielen eine Rolle, wenn die USA weniger als halbherzig darin mitarbeiten.
Die einzige Reaktion, die den Europäern und allen anderen übrigbleibt, ist, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen und mit allem, was ihnen zur Verfügung steht, die eigenen Wirtschaft anzukurbeln, um nicht noch weiter hinter die USA zurückzufallen. Das wird nur mit einer massiven Aufstockung der Staatsschulden gehen (wie hier zuletzt gezeigt). Begreifen Europa und Deutschland das nicht ganz schnell, werden die Folgen für die europäische Industrie schon bald nicht mehr umkehrbar sein.
Man bedenke, die USA operieren wegen ihrer expansiven Fiskalpolitik schon seit dem Ende von Corona nahe an der Vollbeschäftigung und weisen im Vergleich zu Europa enorme Wachstumsraten und eine boomende Investitionstätigkeit auf. Diese Wirtschaft will Trump noch einmal aufmöbeln und zusätzlich nach außen abschotten. Gelingt ihm das auch nur im Ansatz, werden die USA für viele europäische Unternehmen und für viele hochqualifizierte Arbeitskräfte zu einem Eldorado. Die USA mögen dann isoliert agieren, aber die negativen Auswirkungen im Rest der Welt werden enorm sein.
Deutschland mit seinem riesengroßen Leistungsbilanzüberschuss wird ganz besonders in den Fokus der US-Politik geraten. Wer nicht schnell umsteuert, gerät voll in den Strudel der Trumpschen Zollpolitik. Anders als in seiner ersten Amtszeit wird Trump nicht mehr davor zurückschrecken, die „Verbündeten“ auch real und nicht nur verbal zu bedrohen. Überhaupt kann man sich nach dieser Rede jede Floskel in Richtung „Freundschaft“ oder „transatlantische Partnerschaft“ sparen. Trump hat die „Freunde“ nicht mit einem Wort erwähnt, sondern mit jedem seiner Worte überdeutlich gemacht, dass es nur um knallharte amerikanische Interessen geht. Dominique de Villepin, früherer Premierminister Frankreichs, hat zu Recht gesagt, dass Europa jetzt (endgültig, müsste man hinzufügen, HF) riskiert, vom Status des Alliierten der USA zum Vasallen degradiert zu werden.
Europa ist jetzt gefordert. Doch wer soll vorangehen? Ursula von der Leyen hat mit ihren ersten Reaktionen schon klar gemacht, dass sie den Tritt, den Europa gestern bekommen hat, herzlich begrüßt und auf „weitere“ gute Zusammenarbeit hofft. Es gibt einfach keine Figur, die das Format hätte, den zersplitterten Kontinent gegen einen diktatorisch vorgehenden amerikanischen Präsidenten so zu repräsentieren, dass Europa auf Augenhöhe als Partner amerikanischer Deals eine Rolle spielen kann.
Aber einen positiven Aspekt der Trumpschen Rede sollte man nicht vergessen: Trumps Isolationismus wird sich auch auf die amerikanische Bereitschaft auswirken, militärisch im Rest der Welt zu agieren. Sein Satz, er wolle den Erfolg Amerikas nicht nur an gewonnen Schlachten messen, sondern auch an den Kriegen, die Amerika beendet, und am wichtigsten, an den Kriegen, in die Amerika nie hineingezogen wird, ist mehr als bemerkenswert. Auch dieser Satz ist historisch zu nennen. Wenn er das ernst meint und entsprechend handelt, wird es nicht einfach sein, ihm nach vier Jahren eine negative Bilanz zu bescheinigen.