WISO schon wieder so einseitig?

Ein Leser macht mich darauf aufmerksam, dass gestern Abend die Sendung WISO im ZDF (hier zu finden), extrem einseitig über die wirtschaftliche Lage und über Insolvenzen in der deutschen Industrie berichtete. Und in der Tat, das ZDF schafft es, in einem langen Beitrag ausschließlich Unternehmervertreter und Unternehmerlobbyisten zu Wort kommen zu lassen. 

Die Wortbeiträge beginnen mit einer Vertreterin der DIHK, dann kommt der Metallarbeitgeberverband, dann kommt der Oberlobbyist „Professor Michael Hüther“, der als Direktor des IW begrüßt wird, ohne zu sagen, in wessen Diensten das IW (Institut der deutschen Wirtschaft, direkt finanziert von den deutschen Arbeitgeberverbänden) steht, dann kommt ein Lobbyist aus dem Mittelstand, dann ein Unternehmer und schließlich wieder Hüther, der so etwas wie den objektiven Wissenschaftler spielen darf.

Offensichtlich glaubt man im ZDF, man könne über die Probleme der deutschen Wirtschaft nur sachkundig mit der deutschen Wirtschaft reden. Wer soll schon etwas über die kranke Wirtschaft wissen, wenn nicht der Patient selbst. Es gibt anscheinend keinen Arzt, der von draußen auf die Wirtschaft schaut und vielleicht eine bessere Diagnose stellen kann.

Natürlich kommen dann die üblichen Floskeln heraus, die man jeden Tag von den Unternehmervertretern und deren Sprechpuppen in den Medien hören kann. Die Bürokratie, die Arbeitskosten und der Sozialstaat sind an allem schuld. 

Aus der Sicht der Unternehmen ist es völlig richtig, zu sagen, die Arbeitskosten oder die Lohnnebenkosten seien zu hoch. Klar, wenn ein Unternehmen in der Lage wäre, seine Arbeitskosten deutlich zu senken, könnte es seine Konkurrenten unterbieten. Nur leider ist die Welt nicht so. Im Falle von Arbeit fänden das allerdings die meisten deutschen Ökonomen und ihr „eingebetteter Journalismus“ als Lösung jedoch vollkommen richtig. Genauso, wie sie als Lösung jederzeit akzeptieren, dass ein Land seine Löhne unter politischen Druck senkt und seine Handelspartner unterbietet. Wir sind eben alle Merkantilisten.

Lohnsenkung für einzelne Unternehmen ist aber eine Subvention des Unternehmens durch die Arbeitnehmer, die in einer Marktwirtschaft durch nichts zu rechtfertigen ist. Lohnsenkung für alle Unternehmen eines Landes ist eine wettbewerbsverzerrende Maßnahme, die bei einem funktionierenden Handels- und Währungssystem durch Aufwertung der Währung dieses Landes oder durch Zölle der benachteiligten Länder ausgeglichen werden muss. Lohnsenkung in einer Währungsunion ist ein schwerer Verstoß gegen das Versprechen aller Länder in einer solchen Union, sich an das vereinbarte Inflationsziel zu halten (wie hier erklärt). 

So einfach ist das! Und so absurd ist es, dass ein Sender wie das ZDF weder den Mut noch den Geist hat, über solche Zusammenhänge auch nur eine Sekunde nachzudenken. Noch schlimmer aber ist es, dass der öffentlich-rechtliche Sender klar gegen seinen gesetzlichen Auftrag der Ausgewogenheit verstößt, weil er nicht einmal versucht, sich einen Kopf zu suchen, der sein eigenes Vakuum füllt.