Wo ich schon bei den Konservativen und ihren wirtschaftspolitischen Überzeugungen bin. Gerade läuft mir Jan Fleischhauer mit seinem „schwarzen Kanal“ über den Weg. Jan Fleischhauer gehört zu denen, die mit spitzer Feder und voller Stolz den Konservativismus predigen, obwohl keinerlei Wissen über die Volkswirtschaft ihren Intellekt trübt.
Inmitten einer Schimpftirade über den amtierenden Finanzminister („der will Reiche besteuern“) schreibt Fleischhauer:
„Man könnte es zur Abwechslung einmal damit versuchen, Einnahmen und Ausgaben in Balance zu bringen. Aber jeder Versuch, zu einer soliden Haushaltsführung zurückzukehren, wird als unsozial gegeißelt. Das würde ja bedeuten, dass man nicht nur ständig neue Gruppen findet, denen man noch mehr Gutes tun kann, sondern zur Abwechslung auch mal sagt, wo man sparen will. Genau das fürchten Sozialpolitiker wie das Weihwasser.“
Das ist eine wirklich gute Idee: Einnahmen und Ausgaben in Balance bringen. Das sagen wir jetzt mal all denen, bei denen die Einnahmen einfach viel zu groß sind im Verhältnis zu den Ausgaben. Es soll private Haushalte geben, die nicht wissen, was sie mit 80 oder 90 Prozent ihrer Einnahmen machen sollen. Insgesamt werden Jahr für Jahr fast 300 Milliarden Euro von den privaten Haushalten in Deutschland weniger ausgegeben als eingenommen. Diese 300 Milliarden fehlen genau denen, die den privaten Haushalten die Einkommen gezahlt haben, nämlich den Unternehmen und dem Staat. Die beiden zahlen Jahr für Jahr 2000 Milliarden Euro an Gehältern, Sozialleistungen und Renten aus, bekommen aber nur 1700 Milliarden zurück. Was dann?
Die 300 Milliarden, die in einem einzigen Jahr zusätzlich zur Bank getragen werden, fehlen der Volkswirtschaft, insbesondere den Unternehmen als Nachfrage. Produziert hat man für 2000 Milliarden, nachgefragt werden aber nur 1700 Milliarden. Folglich ist das Sparen keine wirklich gute Idee. Wenn der Staat in der Situation seine Einnahmen und Ausgaben in Balance bringt, bleibt die Lücke bestehen und die Unternehmen gehen in wenigen Tagen in die Knie.
Toll ist, dass die Sparer auch noch erwarten, dass sie einen Zins dafür bekommen, dass sie die Volkswirtschaft vollkommen aus der Balance bringen. Und wehe, es gibt keine Zinsen. Weil, wie es ein anderer bekennender Konservativer ausgedrückt hat, wenn man Millionär werden will, muss man „über seine Lebenszeit nur 165.000 Euro selbst ansparen und bekommt die restlichen 835.000 Euro durch Zins und Zinseszins vom Kapitalmarkt geschenkt. Das ist nicht Roulette, sondern Mathematik.“ So Gabor Steingart.
So einfach ist das bei den Konservativen. Man trägt all das Geld, das man nicht braucht, einfach zur Bank und wupps ist man Millionär. Reine Mathematik, dafür muss niemand arbeiten. Die einfache Frage, woher die Zinsen kommen, die einem der Kapitalmarkt „schenkt“, die wird niemals gestellt.
Doch die Logik ist leider unerbittlich: Wenn einer Zinsen erhalten will, muss ein anderer sie erarbeiten. Die Bank jedenfalls zahlt die Zinsen nur aus, aber erarbeiten tut sie sie wirklich nicht. Wer ist das ominöse Wesen, das sich bei der Bank verschuldet und so viel Geld verdient, dass daraus die Zinsen für die Sparer gezahlt werden können, die ihrerseits selbst nichts, absolut nichts dazu beitragen?
Na, das weiß doch jedes Kind, rufen da die Konservativen im Chor: die Unternehmen verschulden sich, investieren, machen gute Gewinne und zahlen dann die Zinsen an die Bank. Ja, liebe Konservative, so war das mal, als euch euer Vater am Küchentisch die Wirtschaft erklärt hat. „But the times they are a changing“ (Bob Dylan). Heute hilft nur ein Blick in die Statistik der Deutschen Bundesbank (hier verlinkt). Da steht für den Finanzierungssaldo der deutschen Unternehmen im vergangenen Jahr: plus 40 Milliarden €, was dummerweise heißt, dass auch die Unternehmen in Summe gespart haben Und das gilt nunmehr seit über 20 Jahren schon. Die privaten Haushalte haben ganze 300 Milliarden € zur Bank getragen und die Unternehmen 40. Woher kommen also die Zinsen?
Auch hier hilft die Statistik weiter. Der größte Schuldner war im vergangenen Jahr in Deutschland das Ausland. Vermutlich haben die Menschen, Unternehmen und die Staaten in anderen Ländern für Deutschland die Zinsen erwirtschaftet und bezahlt. Das ist doch gut. Doch leider gibt es einen, der das gar nicht gut findet. Donald Trump beharrt darauf, dass sein Land nicht immer Schuldner sein kann. Er will, man höre und staune, dass sein Land insgesamt Einnahmen und Ausgaben in eine Balance bringt (Fleischhauer aufgepasst!).
Stellen wir uns einmal vor, das mit den Ausländern würde nicht mehr funktionieren, wer würde dann die Schulden machen und die Zinsen erwirtschaften? Dann bleibt offenbar nur einer übrig: Der Staat. Für die Welt als Ganzes, die kein Ausland hat, gilt jederzeit, dass nur der Staat die Zinsen zahlen kann, wenn die Unternehmen Sparer geworden sind.
Der Staat? Da sind die Konservativen aber platt. Der unfähige Staat, der alles falsch macht, der soll in der Lage sein, Zinsen zu erwirtschaften. Ja, wenn die Wirtschaft funktioniert, weil der Staat seine Rolle als Schuldner ausfüllt, kann es Zinsen geben, die der Staat den Privaten über die Steuern abnimmt und dann wieder an die Halter der Staatsanleihen weitergibt. Wenn der Staat aber „zur Abwechslung mal“ versucht, seine Einnahmen und Ausgaben in Balance zu bringen, während die privaten Haushalte und die Unternehmen nicht dran denken, genau das zu tun, ist die Katastrophe programmiert. Setzen Fleischhauer: In Wirtschaft eine glatte sechs.